Sonja Ablinger

Nicht ruhig am Wege stehen.

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Sollen Linke die SPÖ wählen – wurde ich gefragt.* Gleich vorweg: die Frage werde ich nicht beantworten. Das ist immer eine sehr eigene und wohl auch sehr bewusste Entscheidung. Ich will auch keine Werbeeinschaltung hier setzen. Ich will kurz begründen, was mich als Sozialdemokratin in der SPÖ bewegt und wo ich ihre Chancen und notwendigen Herausforderungen sehe.

Die SPD ist in 150 Jahren ein Denkmal ihrer selbst geworden. Und so gilt für sie zum 150. Jubiläum der Satz von Robert Musil: „Auch Denkmäler sollten sich, wie wir alle es tun müssen, etwas mehr anstrengen. Ruhig am Wege stehen und sich Blicke schenken lassen, das kann jeder; wir dürfen von einem Monument mehr erwarten.’[1]

Das schreibt Heribert Prantl, Innenpolitik-Chef der Süddeutschen Zeitung in einem Beitrag zum heurigen 150jährigen Gründungsjubiläum der SPD. Angesichts der gegenwärtigen Verhältnisse ist ‚mehr erwarten’ wohl ein understatement.

Die Politik der konservativen Eliten, die Politik der radikalen Marktgläubigkeit, der Deregulierung und Umverteilung von unten nach oben, hat Europa in die schwerste Krise seit den 1930er Jahren geführt. Noch nie waren so viele Menschen ohne Arbeitsplatz und von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Die Politik der Neoliberalen ist fundamental gescheitert. Sie ist nicht nur sozial unzumutbar, sondern auch wirtschaftlich unvernünftig und demokratiepolitisch gefährlich.

Wir brauchen eine Politik gegen die Spaltung. Europa braucht einen Kurswechsel – und die Sozialdemokratie muss und kann bei einer Neuausrichtung der Politik gegen die Krise eine wesentliche Rolle spielen. Das fordert auch einen kritischen Diskurs über den eigenen neoliberalen Anschmiegekurs. Aber wenn wir uns darauf konzentrieren, was die Erfolge und Stärke der sozialdemokratischen Bewegung ausmachten, kann die SPÖ wieder Hoffnungsträgerin einer solidarischen Gesellschaft werden. Die Sozialdemokratie war als Bildungs- und Demokratiebewegung erfolgreich. Sie entwickelte ihre Stärke, weil sie klar und mehrheitsfähig machen konnte, dass Demokratie immer auch einen sozialen Gehalt hat, dass die soziale Frage immer auch eine demokratische ist.

Viele hegen Zweifel, ob die Sozialdemokratie diese Bewegung wieder werden kann und die nötige Kraft dafür entwickeln wird. Ich teile manche dieser Zweifel. Nichts wäre mir lieber, als eine Sozialdemokratie, die den Beweis antreten kann, dass diese Bedenken vereinzelt oder unbegründet sind. Dennoch, ich bin überzeugt, dass die ArbeiterInnenbewegung in ihrer Geschichte, in ihrer Struktur und in ihrer Programmatik das Zeug dazu hat, es richtig zu machen. Die solidarische Gesellschaft ist eine konkrete Utopie, für die viele Menschen bereit sind, gemeinsam zu handeln. Die SPÖ braucht die Einmischung und den Widerspruch eben jener, die diese Utopie teilen. Sie braucht ihr kritisches Denkvermögen. Eine sozialdemokratische Bewegung, die trotz aller Widerstände, ihr Handeln an den Grundsätzen von Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität ausrichtet, kann Bündnisse schmieden und überzeugend für Unterstützung werben. Das ist kein ruhiger Weg und ziemlich anstrengend – aber es ist die notwendige Alternative. Davon bin ich überzeugt und darum bin ich Sozialdemokratin in der SPÖ.

 

* Die Zeitung ‘Vorwärts’ hat mich um einen Beitrag gebeten, den ich hier leicht verändert nochmals online stelle.


[1] Herbert Prantl, Genosse Sisyphos, Süddeutsche Zeitung vom 18. Mai 2013

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