Sonja Ablinger

Europa geht anders.

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‚Die Krise, die Europa erfasst hat, kam nicht überraschend. Sie ist das Ergebnis einer neoliberalen Politik, die auf den Wettbewerb der Staaten, Marktgläubigkeit und eine weitgehend unregulierte Finanzindustrie setzte. Die kontinuierliche Umverteilung von unten nach oben hat in eine Sackgasse geführt.’

Das ist eine der Kernaussagen des gemeinsamen Aufrufs ‚Europa geht anders’, der vor wenigen Tagen von SozialdemokraInnen, Linken, Grünen, WissenschafterInnen, GewerkschafterInnen, katholischen ArbeitnehmerInnen und MenschenrechtlerInnen in Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien als gemeinsame Initiative gestartet wurde. Binnen weniger Tage fand er Tausende UnterstützerInnen.

Was uns als InitiatorInnen eint, ist die Überzeugung, dass die neoliberale Krisenpolitik, die vorgibt die Krise zu meistern, im dramatischen Ausmaß scheitert und in Europa Zustände produziert, die als längst überwunden galten. 26 Millionen Menschen in der Europäischen Union sind ohne bezahlte Arbeit, 10 Millionen mehr als vor der Krise. In den südlichen Ländern sind mehr als die Hälfte der jungen Menschen ohne Arbeitsplatz. Über 120 Millionen Bürger und Bürgerinnen in der Union sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht – mehr als je zuvor.

Etwas läuft fundamental falsch. Der Kurs der Krisenpolitik muss neu ausgerichtet werden. Doch die Kommission bereitet gerade die Verschärfung und Vertiefung der wirtschaftlich unvernünftigen und schädlichen Austeritätspolitik vor. Ein neues ‚Instrument für Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit’ soll durch vertragliche Vereinbarungen alle Mitgliedsstaaten zu ‚Strukturreformen’ verpflichten.

Die rasant ansteigende Arbeitslosigkeit spielt bei der Durchsetzung eine zentrale Rolle, wie die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel unverhohlen in ihrer Rede beim Jahrestreffen des World Economic Forum in Davos im Jänner ausführt:

Auf der anderen Seite ist die politische Erfahrung, dass für politische Strukturreformen oft Druck gebraucht wird. Zum Beispiel war auch in Deutschland die Arbeitslosigkeit auf eine Zahl von fünf Millionen Arbeitslosen angestiegen, bevor die Bereitschaft vorhanden war, Strukturreformen durchzusetzen.’ 

Die Massenarbeitslosigkeit und die individuelle Angst vor Arbeitslosigkeitkeit machen – so kann man es hier herauslesen – Menschen erpressbar. Sogenannte Strukturreformen (wie zum Beispiel Hartz IV bzw. Agenda 2010 – eine giftige Agenda bezeichnete sie Heribert Prantl im März 2013 in einem Kommentar in der Süddeutschen Zeitung) können den ArbeitnehmerInnen leichter abgepresst werden. Mit Strukturreformen meint die CDU-Kanzlerin jene Maßnahmen, die in dem Konzept für eine vertiefte und echte Wirtschafts- und Währungsunion ausgewiesen sind. Was darin auffällt ist, dass der Begriff Arbeitslosigkeit ganz selten auftaucht, zu lesen sind dafür vielfach die Begriffe Disziplin, Strukturanpassung, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsmarktreform (Seite 24f).

Die Troika-Politik soll EU-weit ausgedehnt und vertraglich fixiert werden. Diese Vertiefung der falschen Krisenpolitik wollen wir stoppen. Darum sprechen wir uns enschieden gegen den Pakt für Wettbewerbsfähigkeit aus und gegen die dazugehörenden Pläne.  Vielmehr treten wir für eine Kehrtwende ein und werben für ein anderes Europa:

In diesem anderen Europa ist kein Mensch von Armut oder Ausgrenzung bedroht, ist soziale Gerechtigkeit gelebte Realität, werden natürliche Ressourcen so genutzt, dass auch den Generationen nach uns ein gutes Leben ermöglicht wird. In diesem Europa stehen die Lebens- und Überlebensinteressen der Menschen weltweit im Zentrum der Politik. Es ist ein Europa, in dem es echte Demokratie, umfassende soziale Rechte und Geschlechtergerechtigkeit gibt.

Der Aufruf, getragen von einer breiten über Partei- und Ländergrenzen hinausreichenden Allianz, kann für diese Kehrtwende hin zu einem

demokratischen, sozialen und ökologischen Europa der Vielen

ein Anker sein. Europa geht anders – mit Sicherheit.

Hier geht’s zum Aufruf.

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