Sonja Ablinger

Adieu, Barbara.

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Die SPÖ Oberösterreich hat heute, am 26. Oktober 2014, dem Nationalfeiertag, zu einer Gedenkfeier für Barbara Prammer geladen. Viele kamen um nochmal von Barbara Abschied zu nehmen. Die Schauspielerin, Autorin und Liedermacherin Linde Prelog hat aus bemerkenswerten Reden von Barbara vorgetragen. FreundInnen und WeggefährtInnen haben von ihren Erinnerungen an Barbara erzählt. Ich wurde gebeten, eine kurze Rede zu halten und teile hier gerne meine Gedanken zum Abschied von Barbara und was für mich als ihr Vermächtnis bleibt:

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Freundinnen und Freunde!
Wir alle wären heute lieber nicht hier zusammengekommen. Wir hätten alle sehr viel lieber am heutigen Tage, dem Nationalfeiertag, Barbara Prammer im Hohen Haus besucht, am Tag der Offenen Tür im Parlament. Gleichwohl ist der 26. Oktober der würdigste Tag, Barbaras Vermächtnis zu ehren.
Barbaras Tod hat uns alle tief erschüttert. Er hat uns erschüttert, weil das Bild, das wir von Barbara hatten und auch heute noch immer in uns tragen, so gar nicht mit ihrem Tod zusammenpasst. Dafür ist sie uns – und war sie uns – bis zum Schluss viel zu präsent, als aktive Präsidentin des Nationalrates, als sozialdemokratische Politikerin, als langjährige Freundin, als eine, die man schnell mal anrufen oder anschreiben konnte, die sich auch in der Nacht oder am Wochenende – wenn es dringend war – zurückmeldete.
‚Da kann uns vielleicht die Barbara weiterhelfen’ – wie oft haben das manche von uns gesagt. Und wie oft hat sie uns ausgeholfen, da und dort eine Tür aufgestoßen, einen Termin zugesagt oder uns mit den nötigen Informationen ausgestattet.
Ich habe bis heute ihre Telefonnummer nicht gelöscht. Ich weiß, das wirkt irgendwie trotzig, aber ich weiß auch, dass viele unter euch, es auch noch nicht getan haben. Es ist ein Verdrängen, das wir uns ganz persönlich gestatten. Denn der Tod ist – aller richtigen und zutreffenden Widerworte zum Trotz – etwas Endgültiges. Der Vorhang fällt.
Dabei hat Barbara uns nichts vorgemacht. Sie hat uns vielmehr beeindruckt, als sie unmittelbar nach ihrem ersten Krankenhausaufenthalt, öffentlich von ihrer Krebserkrankung sprach.
In einem Interview sagte sie: „Man kann das ohnehin nicht verheimlichen. Ich könnte mir nicht vorstellen, ständig unter Leuten zu sein und da irgendwas zu erzählen, wo doch nur alle hinterrücks fragen würden: ,Wie schaut die Prammer aus?‘. Ich wollte keine Vermutungen, sondern Klarheit.“
Natürlich hatte sie recht, sie war eine öffentliche Person, sie war die höchste Repräsentantin des Staates. Ihre Klarheit hat Vermutungen unnötig gemacht. Gleichzeitig hat genau diese Klarheit Barbara selbst, viel abverlangt. Sie wusste ab diesem Zeitpunkt, dass die Menschen sie mit einem zweiten Blick betrachteten. Trotzdem hatte sie sich für Klarheit entschieden.
Wir waren also vorbereitet auf ihren Tod, aber das macht das Abschiednehmen nicht weniger schwer. Nein, vielmehr tauchen prägende Erinnerungen auf, besondere Begebenheiten und schöne Gespräche. In dem was Barbara für uns war, spüren wir den Verlust.
Ihre politischen Wurzeln hatte Barbara Prammer in der Jungen Generation der SPÖ. Als junge Alleinerziehende, wissend wovon sie sprach, machte sie sich überzeugend für das Recht der Frauen auf eigenständiges Leben stark.
Barbara war die erste Frau in der oberösterreichischen Landesregierung. Sie beeindruckte auch, weil sie – damals völlig ungewöhnlich – symbolisch in der Landespolitik Türen aufgestoßen und Fenster geöffnet hat – um klarzumachen, dass sie mit Bürgerinnen und Bürgern und nicht für sie Politik machen wird. Diesem Politikverständnis blieb sie auch als Frauenministerin und später als Präsidentin des Nationalrates treu.
Barbara war mit großem Einsatz Vorsitzende des Linzer Frauenhauses und mit gleichem Elan war sie auch  Vorsitzende der SPÖ Frauen Oberösterreichs. In dieser Zeit hatte sie, wie kaum eine andere in der SPÖ Oberösterreich, progressive Frauenpolitik und Geschlechterfragen zum gemeinsamen Anliegen der Partei gemacht. Zu ihrer großen Stärken zählte, jungen Frauen Mut zu machen, sich zu engagieren, und sie gleichzeitig dabei zu unterstützen, sich einzumischen.
Im Zentrum ihres lebenslangen Engagements stand auch die klare Ansage gegen rassistische und rechtsextreme Untriebe. Barbaras Worte hatten Gewicht – und sie hatten Wirkung. Ich möchte aus einer ihrer Reden zitieren – und ich darf mich an dieser Stelle von ganzen Herzen bei Linde Prelog bedanken, die heute noch einige Abschnitte aus bemerkenswerten Reden von Barbara Prammer vortragen wird. Danke dir sehr, liebe Linde!
In der Rede zum Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Jahre 2010 sagte Barbara:

Rechtsextremismus ist keine politische Meinung. Rechtsextremismus ist ein offener Angriff auf die Menschenrechte und die Demokratie, und damit auf die Menschen selbst.“ Und sie beendete ihren Aufruf mit der klaren Aufforderung: „Jeder und Jede von uns kann sich Tag fü̈r Tag entscheiden, ob er oder sie in den Kanon der Hetzer einstimmt oder sich dagegen entscheidet. Politikerinnen und Politiker haben danach beurteilt zu werden, ob sie ein Umfeld der Hassparolen zulassen und fördern oder ob sie entschieden dagegen vorgehen.“

Barbara hat nie Zweifel daran gelassen, dass sie sich dem Kanon der Hetzer entgegenstellt. Das Vermächtnis von Barbara kann daher gar nicht anders formuliert werden, als dass wir uns alle entschieden und offen gegen diesen Kanon der Hetzer, dem Kanon des Hasses entgegen stellen.
In eben jenem Interview hat Barbara sich ‚nur noch viel Zeit’ gewünscht. Ihr Wunsch ist nicht in Erfüllung gegangen. Aber vielleicht können wir es ein wenig gut machen, indem wir ihr Vermächtnis beherzigen. Denn, so wie Albert Schweitzer sagte: „Das schönste Denkmal, das ein Mensch bekommen kann, steht in den Herzen der Mitmenschen.“
Adieu, Barbara, in unseren Herzen bleibst du.

3 Kommentare

  1. Was Barbara sich wohl denken muss, wenn sie mitbekommt, was gerade mit der SPÖ passiert … Schade, dass sie nicht mehr selbst gegen diesen Rechtsruck ankämpfen kann.

  2. Liebe Sonja Ablinger, ich möchte Sie nur informieren, daß ich auf den unflätigen Leserbrief in “meinen” OÖN reagiert habe. Es war mir ein Bedürfnis, aber hat leider nichts gebracht. Meiner vom 15. September wurde nicht veröffentlicht. Wollen Sie eine Kopie? Dann hätte ich gern Ihre E-Mail-Adresse.
    mfG
    Helga Lehner

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